Zunächst mal, Zen ist nicht Hypnose und Hypnose ist nicht Zen. Beides sind eigenständige Formen der Selbstfindung und sie unterscheiden sich äusserlich sehr.
Dann, Hypnose ist nicht das, was man meist in der Öffentlichkeit darüber hört.
Meist wird die sogenannte Showhypnose vorgeführt, eine Unterhaltung von Publikum scheinbar auf Kosten der Freiwilligen, die wie ein Huhn gackernd über die Bühne hopsen oder beim Zählen die 3 derart vergessen haben, dass sie beim Zählen ihrer Finger schon beim neunten "zehn" sagen und tatsächlich irritiert gucken. Oder ähnliche Gags.
Ich will hier gar nicht auf Wert oder Unwert solcher Vorführungen eingehen (mehr als lustig finde ich sie nicht), sondern einmal darauf hinweisen, dass es darüberhinaus ein breites Spektrum von Hypnoseanwendungen gibt, die mit Unterhaltung nichts zu tun haben.
Ein wesentliches Element von Hypnose ist Trance. Auch hier gibt es reichlich Mißverständnis aufgrund von überlieferten Vorstellungen, zB aus dem Fernsehen. Da wird Trance oft mit einem Zustand gleichgesetzt, der einer Bewusstlosigkeit stark ähnelt. Auch die Bühnentrancen suggerieren, dass der Mensch dort oben (der "Vorgeführte" doch wohl gar nichts mehr mitkriegen kann, so verrückt wie der sich benimmt).
Solcherart Trancen gibt es zwar und sie werden in der Regel auch als Trancen bezeichnet, aber das sind nicht die Trancen mit denen man allgemein in der Hypnose arbeitet. Besonders in der Hypnotherapie sind so tiefe Trancen weder erwünscht noch notwendig.
Trancen werden wesentlich subtiler gesehen und genutzt. Fast jeder kennt es, dass er eine laut tickende Uhr gar nicht mehr wahrgenommen hat, während er ein Buch las. Oder Straßenlärm gar nicht mehr wahrgenommen hat während eine verliebte Begegnung im Eiscafe direkt neben der Straße stattgefunden hat. Dies sind bereits Trancen im Sinne heutigen Hypnoseverständnisses. Also völlig alltägliche Situationen, die weder abgehoben noch in irgendeiner Weise mit Bewusstlosigkeit verbunden sind.
Trance, absichtlich und bewusst induziert, öffnet den Menschen für Neues. Es werden tatsächlich Teile des "normalen" Kontrollverhaltens "umgangen" um nicht in bisherigen Verhaltensmustern steckenzubleiben.
Ein Schauspieler, der "ganz in der Rolle aufgeht" ist so ein Beispiel, wo ein Mensch Verhaltensweisen ausübt, die mit seiner "Normalpersönlichkeit" nicht unbedingt harmonieren würden. Für den Zeitraum des Theaterstücks kann dieser Mensch ganz überzeugend (auch sich selbst gegenüber) in diese andere Rolle geschlüpft sein und vorübergehend nahezu vergessen, wer er denn nun wirklich ist.
Das ist weder bedenklich noch schädlich, und vor allem hat das mit Bewusstlosigkeit überhaupt nichts zu tun.
Spinnt man diese Ideen ein bischen weiter, kommt man auch an eine Stelle, wo eine Gemeinsamkeit mit Selbstfindungen auftaucht.
Da sagt jemand "Leere ist Form und Form ist Leere". (Achtung, es geht nicht darum Zen als Hypnose darzustellen!) Was kann ein gewöhnlicher Mensch nun damit anfangen? Eine Möglichkeit wäre, sich nun einmal für einen Moment in die Lage zu versetzen, alles "Bestehende" in Frage zu stellen, eine Leere darin entdecken zu wollen. Eine Verhaltensweise, die für diesen Menschen zu diesem Zeitpunkt neu und ungewöhnlich ist. Alles war doch immer das was es war... und jetzt versucht er es mal ganz anders zu sehen.
Solche Versuche gehen sehr leicht mit (leichten) Trancen einher. Es entsteht vielleicht eine nicht gekannte Offenheit in der Wahrnehmung, tatsächlich nimmt man neu wahr, spielt das Spiel mit sich selbst "mal gucken ob nicht doch alles ganz anders ist".
Für Menschen (wie mich), die es gelernt haben Trancen absichtlich zu induzieren, besteht übrigens kein so ganz großer Unterschied zu anderen "Neufindungstechniken"/"Neuwahrnehmungstechniken".
Sicher gibt es zB in der Hypnotherapie auch ganz viele Anwendungen, in denen man sich mit konkreten Problemen oder konkreten Verhaltensweisen, deren Einübung oder deren Analyse auseinandersetzt. Aber es gibt auch genügend Menschen, die Trance nahezu ohne jeden "Anwendungsgedanken" über die Neuerfahrung/Neuorientierung hinaus nutzen. Hier käme man einem Zazen schon deutlich näher (immer noch ohne die Absicht zu haben, das eine dem anderen gleichzusetzen). Mit etwas Toleranz kann man gewisses Erleben von beiden Seiten her (Zen mit Blick auf Hypnose, Hypnose mit Blick auf Zen) als Gemeinsamkeit entdecken. Diese sind nicht das Ziel, wenn man überhaupt von einem sprechen mag, sondern lediglich Elemente, die in beiden vorkommen, quasi austauschbar sind.
Persönlich gehe ich in den Gemeinsamkeiten noch etliche Schritte weiter. Aber ich will weder jemanden überfordern noch herausfordern. Ich möchte lediglich mal ein wenig klarstellen, dass viele Vorstellungen nicht erfassen, was mit einer Methode so alles möglich ist.
Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, die Mauer der Ablehnung von Hypnose als reines Showinstrument mit scheinbar völlig verblödenden oder bewusstlosen Menschen ein wenig aufzuweichen.
Als ich irgendwann in einem Vortrag eines Zenmeisters den Begriff Trance positiv eingebunden in seine Darstellung von Zen fand, habe ich mich tatsächlich gefreut. Leider habe ich mir nicht gemerkt, wo ich das gelesen habe. Dunkel mich erinnernd meine ich es wäre Uchiyama gewesen, aber genau weiss ich es leider nicht mehr.
Selbstfindung kann durch Zazen erreicht werden, aber auch durch andere Formen, die im allgemeinen als Meditation "gehandelt werden", aber auch durch Hypnose einer bestimmten Form (man nennt das Leerhypnose, weil sie ohne Zielsuggestionen auskommt).
Welche Form jeder einzelne für sich wählen mag, mir ist das wurscht, ich habe das nicht zu bewerten. Ich wünsche nur jedem dass er dabei sich selbst findet (selbst wenn das in der Erkenntnis mündet, dass es "kein Selbst gibt")...
Lieben Gruß an alle, die dies geduldig gelesen haben
mipooh
Dies sind Beispiele dafür