mipoohji:
So hieß der Titel eines Buches, das Hape Kerkeling geschrieben hat, als er sich auf seine Pilgerreise machte.

Als ich vorhin all die Versuche las, mit teils haarsträubenden "philosophischen Mitteln", Mystifizierungen, unmöglichen psychischen Vorgängen usw zu beschreiben, was denn da eigentlich sich hinter "Zen" oder "Zazen" verbirgt, und ich so dachte, wie kann man nur soviel Quatsch über etwas so simples schreiben, da dachte ich mir, Du hast noch ein wenig Zeit übrig.
Versuch es doch noch einmal ganz simpel zu beschreiben.

Da fiel mir dann dieser Titel des Buches ein und ich dachte, wie einfach man doch sagen kann, was tatsächlich geschieht...

Und natürlich ist auch das nur ein Ausdruck, ein Versuch etwas mitzuteilen, das ein grundlegendes Element von Besinnung ist.

Weg, von was? Vom Alltag, von Routine, auch der eigenen. Und wozu? Um neu zu erleben, der Veränderung zu folgen, die gerade stattfindet.

Was tut so ein Mensch wirklich, wenn er einfach nur sitzen übt? Ist der deswegen ziellos, planlos, grenzenloser als sonst? Entsteht da eine völlig veränderte magische Beziehung zum Weltall?

Quark, alles Quark...

Ein Mensch, der beginnt, sich gegenstandsfreier Meditation zu nähern, unterbricht in gewissem Sinne seine Routinen. Er konzentriert sich auf etwas, das allein für sich genommen keinen Sinn macht. Im Zen ist es das Zazen, in anderen Formen kann es ein Mantra sein, bei anderen ist es die Atmung, bei anderen eine andere Technik.
Es ist immer etwas, über das man zwar "ewig" nachdenken kann, dem man alles mögliche andichten kann (was auch ausgiebig getan wird), was aber völlig sinnlos ist.

Nicht dieses Tun ist sinnlos, sondern das Ding selber, die Technik selber. Was gäbe es an Sitzen schon großartig zu entdecken, ausser dass man sitzt? Was gäbe es am Atem schon großartig zu entdecken, ausser, dass er stattfindet? Was wäre ein Mantra schon großartig anderes als ein gleichmäßiger Klang? Wie schon gesagt, hineininterpretiert werden kann da vieles. Aber weder ist das der eigentliche Zweck der Übung, noch ist da sonderlich viel imposantes zu entdecken.

Das ist aber bereits der schwierigste Schritt gegenstandsfreier Meditation, aus einer simplen Technik kein aufgeblähtes Gedankengebilde zu schaffen, sondern sie stattdessen zu dem zu nutzen, was in einem einfachen "ich bin dann mal weg" auch zum Ausdruck kommen kann.

Was geschieht nun eigentlich? Der Übende wendet seine Technik an und erlebt mit, wie Wahrnehmungen über die Sinne stattfindet, wie Gedanken und Gefühle stattfinden und er wird ihnen mehr oder weniger "folgen". Er gerät in ein Nachsinnen, Nachdenken oder Nachfühlen und ihm gerät so manches ins Bewusstsein, was eben zu den Umständen oder seiner Persönlichkeit passt. Irgendwann wird er feststellen, dass er alles mögliche getan haben mag, ausser, sich auf seine Technik zu konzentrieren. Die hat er loslassen müssen, um all den Attraktionen zu folgen, die wiederum ganze Ideenketten, Gedankengebilde oder Gefühle mit sich brachten.

Indem er sich erinnert, "ich wollte ja eigentlich gerade meine Technik anwenden" wird er sich der wieder zuwenden. So gesehen mag er dann davon sprechen, dass er einen Gedankenfluß unterbrochen hat. Wobei es zunächst nicht lange dauern wird, bis er der nächsten Attraktion folgt, vergisst, was er "eigentlich gerade tun wollte", und sich auch irgendwann wieder erinnert und zur Technik zurückkehrt.

Absolut nichts mystisches ist bis dahin passiert, es ist ein völlig natürlicher Vorgang. Nur einer, der einem bis dahin vielleicht nicht so ganz bewusst ist. Er folgt Attraktionen (anziehenden Wahrnehmungen, Gedanken oder Gefühlen) und erinnert sich irgendwann, dass sie nicht der Grund waren, jetzt hier zu sitzen und diese Übung zu machen.

Von da an passiert jedem ganz persönlich alles mögliche an Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühlen und je nachdem, wovon man sich angezogen fühlt (also eigentlich die Übung "unterbricht") wird man Belanglosigkeiten und Sensationen entdecken, vielleicht seine Lebensgeschichte aufarbeiten, andere Perspektiven gewinnen, Eingebungen, Erleuchtungen erleben, Zusammenhänge entdecken und und und und und...
Nichts davon ist zwangsläufig unwichtig, nichts davon ist zwangsläufig wichtig, aber alles das ist nicht die Übung, sondern etwas, das durch die Übung bewusst wird.

Ganze Kosmologien sind währenddessen entstanden und vielleicht auch wieder vergangen und durch neue ersetzt oder aber auch nichts von alldem. Nichts davon ist wichtig genug, es jemandem als das Ergebnis von Übung anzupreisen, aber man kann natürlich über all das auch mal reden...

Die Übung selbst ist das alles nicht. Die bleibt immer gleich neutral. Sinnlos könnte man sagen, wüsste man nicht, dass viele dieser "Entdeckungen" ohne die Übung kaum jemals ins Bewusstsein gerückt wären.

Nun die große Frage... gibt es denn etwas, das da letztlich zu entdecken wäre, etwas das geeignet ist, alle Fragen für immer zu beantworten?

Auf eine Art nicht, denn es werden immer Dinge auftauchen, die man so bisher nicht gesehen hatte oder die man noch gar nicht beachtet hatte.
Auf eine andere Art schon, denn es ist tatsächlich wichtig, das Wesen der Übung verstanden zu haben, nämlich dass man sich lösen kann von allem, was man für bestimmend hielt im bisherigen Leben. Dass man tatsächlich völlig selbstvergessen werden kann, quasi Ichlos (obwohl man sehr bald wahrnehmen wird, dass auch das nicht permanent ist), dass man gleichzeitig in einer Verbundenheit existieren kann, die nicht in konkreten Beziehungen erlebt wird, wo man die Definition nicht kennt.

Nur wenn man immer wieder bei Null anfängt (im Zen spricht man vom Anfängergeist), wird man immer wieder mehr entdecken oder aber sich immer tiefer in Selbstvergessenheit begeben. Beides geschieht und das ist völlig richtig und ok.

Du bist immer noch dieselbe historische Person, wenn Du aus Selbstvergessenheit in Ich-sein zurückkehrst und Du wirst auch immer noch dieselbe undefinierte Person sein, wenn Du aus dem Ich-sein in die Selbstvergessenheit gerätst.

Dass Du als definiertes Ich nicht gleichzeitig diese Dimension der Selbstvergessenheit erlebst, liegt auf der Hand und auch, dass Du nicht einfach willentlich Selbstvergessen bist ohne eine Meditationstechnik (die auch eine ganz eigene, persönliche sein kann), das liegt auf der Hand. Denn wer könnte einfach sein Ich wie eine Jacke ablegen und sie anschliessend wieder anziehen, auch wenn rückblickend genau das passiert.

Alles was wir tun können ist, eine Technik auszuüben, durch die immer wieder mal Selbstvergessenheit eintreten kann.

Meditation im eigentlichen Sinne entsteht mE erst dann, wenn Selbstvergessenheit bei völlig klarer Bewusstheit eintritt. Oft wird allerdings der gesamte Vorgang als "meditieren" bezeichnet, selbst dann, wenn es zu keiner deutlichen Erfahrung von "ich bin zwar da, aber ich könnte gerade nicht sagen wo ich bin oder wie ich heisse" kommt. Das ist auch nicht wirklich wichtig, ausser wenn man sich darüber austauschen möchte. Da wäre es schon sinnvoll, sich einigen zu können, weil man sonst aneinander vorbeireden wird.

Es ist nicht das Ziel von Meditation, bewusstlos zu werden oder dauerhaft Ich-los zu sein. So etwas gibt es nicht und diejenigen, die versuchen es einem einzureden, wissen nicht wovon sie sprechen.

Meditation ist eine Übung. Sie hilft, genügend Abstand zu sich und seinen Rollen, seinen Beziehungen, seinem Alltag zu finden, um diese eben nicht als Gefängnis zu erleben. Man weiss, dass man da raus kann, also ist es kein Gefängnis.
Es gibt keinen Grund für immer draussen zu bleiben, denn dann wäre nichts mehr kontrollierbar, man wäre völlig desorientiert, quasi ein Idiot. Davor muss man sich allerdings auch nicht fürchten, denn das passiert sowieso nicht... auch denen nicht, die ganz gern im Nirvana verschwinden würden...

Erzählt Dir also jemand tolle Geschichten, das macht gar nichts. Denn mehr als gelegentlich selbstvergessen zu sein, kann eh niemand wirklich. Macht er eine Religion draus... ok, kein wirkliches Problem... so ist es doch nicht wirklich relevant. Wie gesagt, mehr als Selbstvergessenheit für einen mehr oder weniger langen Augenblick ist für niemanden drin. Egal, was der erzählt.

Aber genau das beschrieb Dogen und ich kann ihm das abnehmen.
"Den Buddha-Weg ergründen, heisst sich selbst ergründen.
Sich selbst ergründen, heisst sich selbst vergessen.
Sich selbst vergessen, heisst mit den zehntausend Dingen eins sein."

Seine Methode ist Zazen, eine Technik die für alle die sie ausüben wollen, recht gut funktioniert. Ich sagte bereits, dass es auch andere gibt, aber bei keiner passiert tatsächlich etwas anderes als das was Dogen beschrieben hat. Von daher ist es ein bischen Wurscht, nach Methoden zu suchen, die man dann doch nicht benutzt... eine reicht eigentlich.

Andererseits hat man natürlich die Freiheit, die Methode zu wählen, falls man mehrere kennt.

Gar keine zu benutzen und gleichzeitig herumzuschwätzen, was man so alles für ungeheuer wichtig hält für andere Menschen... das macht keinen Sinn. Großartige Philosophien zu entwickeln mag ganz spannend oder witzig sein, hat aber keinen Vorteil gegenüber dem simplen Üben einer Technik. Eine für immer und für alle geltende Kosmologie hat noch nie jemand entwickelt. Vielleicht haben das manche gedacht...

Noch einmal, Zazen ist nicht schwierig. Du konzentrierst Dich und bist wach und aufmerksam. Du wählst dazu eine Körperhaltung, die Du gut für die Zeit der Übung beibehalten kannst (theoretisch könnte das auch Gehen sein, wie Leere Hülle es vorschlug, dürfte aber praktisch schwieriger sein als sitzen). Und dann passiert eben was passiert. Du vergisst zu üben und Du erinnerst Dich an Üben, jeweils bis "die Zeit um ist". Währenddessen kommen und gehen Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle. Niemand beurteilt das für Dich, vielleicht nichtmal Du selbst. Du wirst Selbstvergessenheit erleben, irgendwann ganz sicher. Da ist kein Wettbewerb, da stehst Du in keinerlei Konkurrenz und deswegen wirst Du weder heiliger noch klüger, zumindest nicht zwangsläufig. Und doch kann es gut sein, dass Du es schätzen wirst und es wieder tust...
(was wahrscheinlich an dem Punkt schon häufiger der Fall war...)

Mal wieder ein kleiner Versuch, auf die Übung hinzuweisen und das Brimborium ein wenig abzumildern...

Gruß
mipooh
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